Interview mit Alfred Armack
Brief an Alfred Armack
Sehr geehrter Herr Armack Müller,
bezugnehmend zu unserem
Telefonat von Samstag schicke ich Ihnen nun eine e-mail mit einigen Fragen bzgl. unseres Projektes in der Berufsschule in Köln.
Hier die folgenden Fragen:
1. Welche Erinnerungen haben Sie an ihren Vater?
2. Wie sieht Ihr Leben aus (Familie, Beruf eventl. Karriere etc)
3. Welche Auswirkungen hat das Leben Ihres Vaters auf Sie?
4. Welche Meinung vertreten Sie zum Thema "soziale Marktwirtschaft"?
5. Wie sieht Ihre Zukunft aus? (eventl. einige Projekte)
Vielleicht könnten Sie mir allgemein etwas weiterhelfen zum Thema "Leben und
Karriere von Ihnen und Ihrem Vater". Es wäre auch sehr schön, wenn Sie uns etwas unterstützen könnten bei der
Suche nach Bildern, die wir präsentieren dürfen.
Hoffe auf eine schnellstmögliche Antwort von Ihnen.
Ich bin Ihnen jetzt schon sehr dankbar für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Janet Kalapurackal
Antwort von Alfred Armack
Sehr geehrte Janet
Kalapurackal,
das sind ja Fragen, auf die man jeweils ein Buch schreiben kann. In aller Kürze:
1. Erinnerungen
Wahrscheinlich habe ich ebenso umfassende Erinnerungen an meine Eltern wie Sie an die Ihren. Mein Vater war eine große Persönlichkeit:
Gelehrter und Ordinarius des alten Schlages der Universität Münster und Köln, Politiker und Staatssekretär mit heute ungewohnten Kompetenzen (er
fungierte für Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard als Präsident des Europäischen Ministerrates), Industrieller als Vorsitzender z.B. des
Aufsichtsrates der (damals) Rheinischen Stahlwerke, Vordenker in Sachen europäische Konjunkturpolitik und Europäische Universität, Mitglied des
Kölner Stadtrates, Organisationschef und geistiger Leuchtturm als Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung. Dazu war er für mich Vater,
Respektsperson, Freund, Vertrauter, mitwirkender Koch, Erzähler heiterer Geschichten, aber auch streitbarer Kritiker seiner universitären und
politischen Widersacher. Er war ein gemütlicher Mensch (wegen seines Gemütes!)und ein wandelndes Bildungslexikon. Nach seinem Tode 1978 habe
ich ihn sehr vermißt.
2.Mein Leben
Studium in München und Köln, Diplom-Volkswirt-Examen in Köln (übrigens mit Bert Rürup, heute sog. Rentenpapst, glücklich mit meiner Frau
Angelika verheirateter Familienvater, zwei Söhne (Florian 28 und Ulrich 26), Ministeriallaufbahn im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft
und Verkehr in München, zuletzt als Ministerialdirigent Leiter der Wirtschaftspolitischen und der Außenwirtschaftlichen Abteilung:
Unterstellte Themen waren Wirtschaftspolitik in Dur und Moll, Verbraucherpolitik, Sozialpolitik, Frauen in der Wirtschaft, Finanz-,
Geld und Währungspolitik, Wettbewerbspolitik, speziell auch Landeskartellbehörde, Pressearbeit des Ministeriums, Reden der
politischen Spitze des Ministeriums, Messewesen, Börsenaufsicht, Statistik, Außenwirtschaftliche Kontakte Bayerns rund um den Globus.
Dann wurde ich beim Staat beurlaubt und Hauptgeschäftsführer (zuletzt Generalsekretär) des Wirtschaftsbeirates der Union, eines privaten
Berufsverbandes mit rd. 2.000 Mitgliedern. Ich gehe davon aus, daß ich bei diesem "Verein", der sich dem Dialog von Wirtschaft und Politik
widmet und rd. 120 Veranstaltungen im Jahr in ganz Bayern durchführt, auch noch ein paar Jahre bleibe. Ich lebe zufrieden und bayerisch barock
in München und im Chiemgau.
3.Auswirkungen des Lebens meines Vaters
Die Prominenz und der prägende Einfluß, den mein Vater auf seine Studenten und Assistenten hatte, sowie sein hoher internationaler Ruf
haben mich beflügelt, motiviert und mir eigentlich immer geholfen. Die Frage: " sind Sie...." bin ich gewohnt. Ich treffe gerne Menschen, die
sich mit Hochachtung an ihn erinnern.
4.Soziale Marktwirtschaft (bitte mit großem S!)
Sie ist die einzige Wirtschaftsordnung mit Zukunft. Weder der Kapitalismus noch der Sozialismus können die Probleme der Menschen
lösen. Nur eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung (wertbezogenes Menschenbild!)des mittleren Weges können die Notwendigkeiten des
Wettbewerbs auf freien Märkte und die Belange von sozialer Verantwortung und Gerechtigkeit ins Gleichgewicht bringen. Der moderne Wohlfahrtsstaat
hat den ordnungspolitischen Pfad der Sozialen Marktwirtschaft verlassen
(um nicht zu sagen: verraten)und zu Millionenarbeitslosigkeit, Staatsverschuldung und Wachstumsschwäche geführt. Nur eine Rückkehr zur
Sozialen Marktwirtschaft kann auf Dauer unsere wirtschaftlichen und sozialen Probleme lösen.
5. Meine Zukunft
Die Zukunft eines Jeden ist ungewiß. Wie gesagt: ich bin derzeit beim Wirtschaftsbeirat Bayern sehr gut aufgehoben und zufrieden. Es bleibt
viel zu tun, um den Standort Deutschland nach den vielen Fehlleistungen der Bundespolitik wirtschaftpolitisch wieder "auf Vordermann" zu
bringen. In Bayern kann man besichtigen, wie das geht. Für Rückfragen und wegen eventueller Bilder stehe ich gerne zur
Verfügung.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Andreas Müller-Armack
Generalsekretär
Janet Kalapurackal, Nadine Ohrem